Leitlinien Kulturelle Bildung

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Leitlinien der KEB e.V.

Die KEB München und Freising e.V. verankerte 2013 den Bereich Kulturelle Bildung in ihren Leitlinien Katholische Erwachsenenbildung in der Erzdiözese München und Freising. Im Folgenden finden Sie einen Auszug aus diesen Leitlinien, der sich mit dem Thema „Kulturelle Bildung“ beschäftigt:

1. Ausgangspunkt: das christliche Menschenbild

Siehe unter „Standards Theologische Erwachsenenbildung“ (Seite 155f.) und vgl. den Beitrag Prof. P. Dr. Oster (Seite 135ff.).

2. Kulturelle Bildung – aus christlicher Sicht

Kultur formt und kennzeichnet die Identität eines Gemeinwesens und seiner Mitglieder. Sie stellt den Menschen und seine Wahrnehmung der Welt in den Mittelpunkt und bildet Werte, die für den Einzelnen wie für die Gesellschaft grundlegend sind. Kulturelle Bildung bedeutet daher Bildung zur kulturellen Teilhabe. Kulturelle Teilhabe meint Partizipation am kulturellen Geschehen einer Gesellschaft, ihren Lebens- und Handlungsvollzügen.

„Kultur umfasst die Gesamtheit der menschlichen Hervorbringungen und Artikulationen, also seiner historischen, individuellen und gemeinschaftlichen, praktischen, ästhetischen und theoretischen sowie mythischen und religiösen Äußerungen.“ (Schnell, Ralf (Hrsg.), Metzler-Lexikon Kultur der Gegenwart. Themen und Theorien, Formen und Institutionen seit 1945, Stuttgart und Weimar 2000.)

Kultur wird als Gesamtheit der unverwechselbaren geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Eigenschaften angesehen, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen, und die über Kunst und Literatur hinaus auch Lebensformen (Lebensvollzüge), Formen des Zusammenlebens, Wertesysteme (Wertvorstellungen und Normen, also auch philosophische und religiöse Bezugssysteme einer Gemeinschaft), Traditionen und Überzeugungen umfasst (UNESCO-Kulturenkonferenz von Mexiko 1982).

Die Verankerung der europäischen Kultur in ihren christlichen Traditionen ist unübersehbar. „Bibel und Christentum sind seit 1700 Jahren Grundlage europäischer Kultur in Recht, Wissenschaft, Haltungen, Gebräuchen und Kunst.“ (Prof. Dr. Thomas Sternberg, Vertreter der Kirchen in der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“) Beispielsweise prägen Kirchenbauten urbanes Leben und unsere Landschaft; sie sind Fundament und Nährboden für das, was im Allgemeinen als Kulturlandschaft bezeichnet wird. Dieses christliche Erbe ist für die kulturelle Identität Europas konstitutiv.

Mit Kultur im engeren Sinne werden die Künste und ihre Hervorbringungen bezeichnet: Bildende Kunst, Literatur, die darstellenden Künste (von Theater über Tanz bis Film), Musik, die angewandten Künste, wie Design und Architektur, sowie die vielfältigen Kombinationsformen zwischen ihnen.

Ökonomisierung, Globalisierung und Medialisierung bewirken einen dauernden, rasanten gesellschaftlichen Wandel und stellen neue Anforderungen an eine sich bildende Wissensgesellschaft. Das Konzept des lebenslangen Lernens wird zur Voraussetzung für gesellschaftliche Partizipation und kulturelle Teilhabe und ist somit Voraussetzung für eine aktive Rolle bei der Mitgestaltung unserer Gesellschaft.

Kulturelle Bildung und ästhetische Sensibilisierung vermitteln dem Menschen Grundorientierungen, neue Kenntnisse und Kompetenzen. Sie fördern Schlüsselkompetenzen, wie Kreativität, Flexibilität, Kommunikations- und Innovationsfähigkeit, die für die Herausforderungen wichtig sind, um den gesellschaftlichen Wandel konstruktiv mitgestalten zu können.

Diese sind von grundlegender Bedeutung für die Entwicklungsfähigkeit unserer Gesellschaft.

„Kreativität, die dem Humanum dient – dies ist das Lernziel katholischer kultureller Bildung. Unverzichtbar sind hierfür die musisch-ästhetischen Ausdrucksweisen, weil sie Unbedingtheit, Authentizität und geistiges Ringen um letzte Fragen verkörpern oder das nicht messbare Gute und Schöne widerspiegeln. Katholische Bildung will mehr, als nur zur Teilhabe am Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Sie will ganzheitliche Kulturteilhabe des Individuums als Sinn und wertbezogene Orientierung inmitten der Fülle alltäglicher lebensgestalterischer Fragen. Dazu befähigen die Künste. Sie sollen in allen kirchlichen Bildungssektoren – auch in der Theologen-Ausbildung – gepflegt und gestärkt werden.“ (aus: Kirche und Kultur, Dokumentation des Studientages der Herbst-Vollversammlung 2006 der Deutschen Bischofskonferenz, Arbeitshilfen, Nr. 212, 28. September 2007, S. 55).

Kunst und Kultur aus christlicher Sicht sind identitätsstiftend, ihnen wohnt eine sozialisierende Kraft inne. Deutschland als Kulturnation wird durch die christlichen Kirchen und ihre Aktivitäten wesentlich mitgeprägt, die Gemeinden sind wesentliche Säulen des kulturellen Lebens.

Literatur

  • Tätigkeitsbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“, 15. Wahlperiode, EK-Kultur, AU 15/154; Deutscher Bundestag, Drucksache 16/7000, 16. Wahlperiode, 11.12.2007, Schlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“.

3. Chancen Kultureller Erwachsenenbildung

Kulturelle Erwachsenenbildung umfasst verschiedene Arbeitsfelder: Kunst, Geschichte, Musik, Theater, Brauchtum, Kreativität etc. Diese Felder bilden ein „Fenster, durch das Kirche in die Welt und Welt in die Kirche blickt“ („Erwachsenenbildung in der Gemeinde der Zukunft”. Konferenz der Bischöflichen Beauftragten für Erwachsenenbildung 2003).

Mit niederschwelligen Angeboten werden Brücken gebaut zwischen Kirche und Gesellschaft, zwischen glaubenden und kirchlich distanzierten Menschen, die auch zu einer Wiederannäherung an die Kirche ermutigen können.

Kulturelle Erwachsenenbildung thematisiert existenzielle Fragen menschlichen Daseins und gibt Orientierung. Sie vermittelt kulturelle Zusammenhänge, die die Teilnehmenden befähigen, selbstständig Kunst, Kultur und Geschichte als Elemente sinnvoller Lebensgestaltung zu erfahren und Antworten auf die Fragen nach kultureller Identität und Kontinuität zu finden.

Dazu bedarf es einer Hinführung zu den zentralen Inhalten: Durch geeignete Fragen werden die Teilnehmenden angeleitet, selbst Zusammenhänge zu erkennen und den Transfer zu ermöglichen. Kirchen, Kunstwerke, Museumsobjekte, literarische und musikalische Werke werden in ihrem historischen Kontext erklärt, als Ausdruck der jeweiligen Zeit und ihres Denkens bzw. ihres jeweiligen Gottesbildes. Die Bilder- und Symbolsprache – den meisten Menschen des 21. Jahrhunderts unverständlich – wird erschlossen und in ihre Glaubenszusammenhänge gestellt. Diese Erkenntnisse können mit den Glaubenserfahrungen der Menschen heute, ihrem Gottesbild, ihren existenziellen Fragen an Kirche und Glaube verglichen und ein Transfer ermöglicht werden.

Die katholische Kirche hat Bayern zu einer einmaligen Kulturlandschaft gemacht. Diese prägende Rolle erfahren die Teilnehmenden bei den Angeboten der Kulturellen Erwachsenenbildung. Durch die Vermittlung der jeweiligen Kontexte wird ein historisches Bewusstsein geweckt, aus dem heraus die Menschen befähigt werden, sensibel aktuelle Entwicklungen besser einschätzen zu können. Mit dieser Sensibilisierung und dem entsprechenden Wissen um Kontexte ausgestattet, wird eine Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Fragen der Gesellschaft angeregt und die Teilnehmenden können sich selbst aktiv an Entscheidungen beteiligen.

Die angeleitete Hinführung zu aktuellen Strömungen der Kunst, des Theaters und der Musik befähigt die Menschen, am gesellschaftlichen Dialog teilzunehmen.

Neben den kognitiven Fähigkeiten ermöglicht eine christlich geprägte Kulturelle Erwachsenenbildung auch die Entdeckung und Entwicklung kreativer Fähigkeiten des Menschen und eröffnet einen schöpferischen Zugang zu Lebensfragen.

Die Kulturelle Erwachsenenbildung erschließt darüber hinaus neue Lernräume zur integrativen Annäherung von Menschen mit und ohne Behinderung.

Gerade mithilfe von Kunst und Kultur ist gegenseitige Sensibilisierung, gemeinsames Erleben und das Entdecken der besonderen Fähigkeiten des jeweils anderen sehr gut möglich und führt zu intensiven, innovativen Lernerfahrungen. So wird kulturelle Teilhabe für Menschen mit Einschränkungen möglich.

4. Leitbild der KEB

In ihrem Leitbild (Unser Leitbild als Arbeitsgemeinschaft Katholische Erwachsenenbildung in der Erzdiözese München und Freising e.V., April 1999) beschreibt die KEB Zielsetzungen ihrer inhaltlichen Arbeit in sechs Themenbereichen – persönliche Entwicklung; partnerschaftliches Miteinander in allen Lebensbereichen; Glaube/Kirche/Theologie; Schöpfungsspiritualität; kulturelles, soziales, politisches Engagement; Arbeitswelt. Darüber hinaus enthält das Leitbild auch Beschreibungen des KEB-Selbstverständnisses in Bezug auf Zusammenarbeit, Mitteleinsatz, Qualität der Arbeit, Marketing, Kompetenz der Mitarbeiter/innen.

Bezogen auf die Kulturelle Bildung wird besonderer Wert gelegt auf Engagement und Teilhabe im kulturellen Bereich und Zugänge zu schöpferischer Arbeit.

Aus den beschriebenen Zugängen zu einem KEB-Verständnis von Kultureller Bildung ergeben sich folgende Anforderungen im didaktischen Bereich:

5. Qualitätskriterien für Angebote Kultureller Bildung in katholischer Trägerschaft

  • Entsprechend unserem Grundverständnis laden Angebote Kultureller Bildung die Teilnehmenden ein, selbst genau hinzusehen, kulturelle Zusammenhänge zu begreifen, im Dialog mit den Referent/innen und den anderen Teilnehmenden Neues zu entdecken und den Transfer zur eigenen Lebenssituation zu ermöglichen.
  • In unterschiedlicher Intensität geschieht dies in unseren Seminaren, Führungen, Projekten, Tagungen, Workshops, Vorträgen und Weiterbildungsangeboten.
  • Darüber hinaus werden besonders die kreativen Ausdrucksformen der Menschen gefördert und die Teilnehmenden zu schöpferischem Arbeiten ermutigt und hingeführt.
  • Wir arbeiten mit Referent/innen, die entsprechende fachliche Qualifikationen vorweisen, das KEB-Verständnis von Kultureller Bildung teilen und kommunizieren können und die allgemeinen didaktischen Anforderungen an Referent/innen in den jeweiligen Bildungswerken umsetzen, wie z. B. die Nutzung der Erfahrungen der Teilnehmer/innen, die Förderung der Kontakte in der Gruppe und den Blick auf die Transfermöglichkeiten in den Alltag der Teilnehmenden.
  • Die katholische Trägerschaft des Angebotes ermöglicht die Unabhängigkeit von einseitigen wirtschaftlichen Interessen. Wir positionieren uns als unabhängige, wertorientierte Plattform für kulturelle Belange.
  • Die Umsetzung unserer Qualitätsansprüche überprüfen wir entsprechend unserem Evaluationsverständnis, wie bei allen unseren Angeboten.

6. Zielgruppen

Der Ansatz der Kulturellen Bildung in der KEB beinhaltet ein umfassendes Verständnis von Kultur, das den Lebensalltag der Menschen auf persönlicher und sozialer Ebene betrifft. Entsprechend vielfältig und je nach Lebensphase, Lebenssituation und Interessen unterschiedlich werden z. B. als Zielgruppen angesprochen:

  • Menschen auf der Suche nach Sinn, Orientierung und Spiritualität;
  • Menschen mit Interesse für ihre kulturellen Wurzeln;
  • Menschen, die die Zeugnisse gelebten christlichen Glaubens über die Jahrhunderte bis in die Gegenwart erfahren wollen;
  • Menschen, die Freude am Entdecken eigener Fähigkeiten und Kenntnisse haben;
  • Frauen und Männer, die bereit sind, sich mit existenziellen Fragen auseinanderzusetzen;
  • Menschen, die die Symbolsprache in Vergangenheit und Gegenwart verstehen wollen;
  • Menschen, die sich aktiv am kulturellen Dialog unserer Gesellschaft beteiligen wollen;
  • Kritisch-Distanzierte, die Wege zur Annäherung an die Kirche suchen;
  • Menschen, die die Kirche als Kulturträger erfahren wollen;
  • Frauen und Männer, die ihre schöpferische Kraft als bereicherndes Element in ihrem Leben erfahren möchten;
  • Behinderte und nicht behinderte Menschen, die eine verbesserte Integration von Randgruppen anstreben;
  • Langzeitkranke, deren individuelle Bildungsbedürfnisse nach ihren Möglichkeiten angepasst und erfüllt werden;
  • Multiplikator/innen der Kulturellen Erwachsenenbildung;
  • Frauen und Männer, die den „kulturellen und religiösen Kompetenzerwerb mit der Selbsterfahrung des Individuums zu einer wahrhaft christlichen Welt- und Daseinsdeutung organisch verschmelzen“ (EB in der Gemeinde der Zukunft, Konferenz der Bischöflichen Beauftragten für Erwachsenenbildung 2003) wollen.

7. Qualifikationsprofil der Referentinnen und Referenten

Für Referent/innen in der Kulturellen Bildung gelten die allgemeinen Anforderungen an Referent/innen der einzelnen Bildungswerke (siehe jeweiliger QES.T-Ordner, Referentenleitfaden), wie z. B. Kenntnis des Qualitätsverständnisses und des Verständnisses von Erwachsenenbildung in der Einrichtung (z. B. ganzheitlich, Einbeziehung von Teilnehmer/innen-Erfahrungen, Prozessorientierung, Methodenvielfalt, Begegnungsaspekt,christliches Menschenbild, Evaluation), fachliche Kompetenz und Erfahrungen in der pädagogischen Arbeit.

Entsprechend den Besonderheiten im Bereich der Kulturellen Bildung wird im Qualifikationsprofil der Referent/innen besonderer Wert gelegt auf:

  • fachübergreifende Kompetenzen (Grundwissen);
  • die Kenntnis der KEB-Standards zur Kulturellen Bildung und die Fähigkeit, diese in den Gruppen zu kommunizieren;
  • eine didaktische Grundhaltung, die darauf ausgerichtet ist: die Kommunikation und Kontakte in der Gruppe zu fördern durch geeignete Gesprächs- und ggf. Übungsimpulse; auf das eigene Entdecken hinzuführen; das Kurs- bzw. Führungsangebot so zu planen, dass die Teilnehmenden im Transfer selbstständig kulturelle Aktivitäten entwickeln können („Hilfe zur Selbsthilfe“); flexibel auf Bildungsbedürfnisse und -interessen der Menschen zu reagieren;
  • Bereitschaft zur Selbstreflexion und das Interesse an persönlicher Weiterbildung;
  • Freude an der Arbeit und persönliche Authentizität.

8. Kooperationspartner

Im Sinne unseres Selbstverständnisses als wertorientierte, unabhängige Plattform für kulturelle Belange gehen wir themenorientierte und strategische Kooperationen mit Institutionen und Personen ein, die unser Verständnis von Kultureller Bildung teilen, unterstützen und ergänzen, wie z. B.:

  • Fachstellen des Ordinariats (Kunstreferat, Liturgiereferat, Behindertenseelsorge, Hörgeschädigtenseelsorge, Diözesanarchiv, Diözesanmuseum, Baureferat, muk etc.)
  • Pfarreien und Kirchenstiftungen
  • Orden
  • Kommunale Kulturreferate
  • Archive
  • Bibliotheken
  • Verlage
  • Museen
  • Einrichtungen, die ebenfalls Angebote im Bereich der Kulturellen Erwachsenenbildung machen
  • Schulen
  • Initiativen und Verbände (z. B. Rheumaliga, Parkinson-Selbsthilfegruppe etc.)
  • Behinderteneinrichtungen (Blindenbund, Gehörlosenverein etc.)

9. Rahmenbedingungen

Die Rahmenbedingungen der Angebote in der Kulturellen Bildung richten sich nach den allgemein gültigen der Kreisbildungswerke

Veranstaltungsorte und Angebotsformen

  • Soweit möglich, wird in der Kulturellen Erwachsenenbildung der Besuch von authentischen Lernorten (Kirchen, Museen, Stadtsituation) angestrebt. Vor Ort, vor den „Originalen“, eröffnen sich neue Lernräume und -perspektiven, ist Kontextuierung erst möglich.
  • Zur Vorbereitung des Besuchs von authentischen Lernorten oder bei Einschränkungen der Teilnehmenden soll der Veranstaltungsraum ansprechend gestaltet sowie mit den entsprechenden technischen Voraussetzungen für eine beteiligende Didaktik ausgestattet sein.