Wege in die digitale Welt
Das Katholische Bildungswerk im Landkreis Erding e.V. und das Bildungswerk Rosenheim e.V. entwickelten gemeinsam ein Bildungsformat zur Förderung der digitalen Kompetenz von Senior*innen.
Das Bildungsangebot wurde von der KEB München und Freising als Innovatives Projekt im Bildungsfeld der Seniorenbildung gefördert. <events keyword="Biographiearbeit">Veranstaltungen zum Thema „Digitale Kompetenz“</events>
Hintergrund
Zugang zum Internet zu bekommen, digitale Technologien nutzen zu können, sich wie selbstverständlich online um ein Ticket bemühen zu können oder über das Online-Banking an Formulare zu gelangen, sie zu Hause auszudrucken oder gar einzuscannen – alle diese Dinge sind aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken, werden inzwischen als selbstverständlich erachtet und sind heute sogar zu einer Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben geworden. Die Zielgruppe der Senior*innen verfügt allerdings noch nicht in der Breite über diese technischen Möglichkeiten und Fähigkeiten. Verschiedene Faktoren spielen hier eine Rolle: fehlendes Interesse, fehlende Möglichkeiten, nicht vorhandene technische oder auch finanzielle Voraussetzungen. Sich nicht mehr mit dem Thema „Digitalisierung“ auseinandersetzen zu wollen, das Nichtvorhandensein technischer Infrastruktur (vor allem immer noch in ländlichen Gebieten) sowie die fehlende technische Ausstattung zu Hause, die finanzielle Sorge, sich neben der Erstausstattung noch mit Verträgen über eine längere Laufzeit zu verpflichten oder die Angst, dass wegen der weltweiten Datensammlung die eigenen Daten nicht sicher sind oder es unsichtbare Mithörer und Mitleser gibt – alle diese Gedanken spielen bei der Beschäftigung mit diesem Thema eine wichtige Rolle.
Obwohl immer mehr ältere Menschen das Internet und Smartphones nutzen, ist es aktuell noch so, dass viele von ihnen immer noch nicht über einen Internetzugang verfügen. Hier spielt sicher auch das Lebensalter und die Länge des bereits verbrachten Ruhestandes eine Rolle. Menschen, die erst kürzlich in den Ruhestand getreten sind, verfügen aufgrund ihrer noch nicht lange zurückliegenden Berufstätigkeit über mehr Wissen und Erfahrung in Sachen „Digitalisierung“ als Menschen, deren berufliche Lebensphase schon vor längerer Zeit endete. Genau so stellt sich auch die Situation in den Landkreisen Erding und Rosenheim dar.
Projektziel
Ziel des Projekts ist es daher, ältere Menschen dabei zu unterstützen, sich intensiv eine persönliche Medienkompetenz zu erarbeiten und sie, darauf aufbauend, im Umgang mit neuen Medien sicherer und versierter zu machen. Mithilfe der verschiedenen Module des zu diesem Zweck entwickelten Online-Kurses sowie der Präsenztermine und der weiteren Veranstaltungen soll den Teilnehmer*innen die Möglichkeit gegeben werden, eigene Erfahrungen einzubringen und „abzugleichen“ bzw. sich untereinander auszutauschen.
Neben den analogen und digitalen Terminen ist auch das Installieren einer Plattform bzw. das Einrichten einer App angedacht, in der man Wissenswertes, Tipps und Tricks miteinander teilen kann. Diese soll von den Teilnehmer*innen als eine Art „Pinnwand“ selbst geführt werden. Überdies ist es das Ziel, im Rahmen des Projekts Kooperationen und Netzwerke zu knüpfen und weiter auszubauen.
Methodik
Die grundsätzliche Idee war es, die Teilnehmer*innen analog auf die Online-Angebote vorzubereiten und es ihnen auch zwischendurch zu ermöglichen, sich zum persönlichen Austausch, also im Rahmen von Präsenzveranstaltungen, zu treffen. Einzelne dieser analogen Workshops konnten im September und Oktober 2020 sowohl in Erding wie auch in Rosenheim stattfinden. Seitdem werden die Termine jedoch – nicht zuletzt wegen der fortdauernden Corona-Pandemie – nur noch online angeboten.
Das für das Projekt entwickelte Online-Format trägt die Bezeichnung „Café Digital“ und findet via Zoom statt. Die Senior*innen werden dazu zunächst via Mail (mit einfachen Infos zur Nutzung von Zoom, die von www.digitaleseniorinnen.at entwickelt wurden) auf die erste Sitzung gut vorbereitet und am Tag der Online-Veranstaltung bei Bedarf auch telefonisch begleitet. Im „Café Digital“ wird ihnen dann die Plattform Zoom weiter nähergebracht und von der Referentin wird jeweils ein bestimmtes digitales Thema erörtert. Die Teilnehmer*innen bringen sich dabei je nach digitaler Erfahrung und Wissen ein. Nach der Online-Veranstaltung erhalten die Teilnehmer*innen dann eine Mail mit den wichtigsten Infos zugeschickt. Um nicht auf der rein kognitiven Ebene stehen zu bleiben, werden die Online-Stammtische also mithilfe von Beispielen und digitalen Tools aufbereitet. Dies ermöglicht einen ganzheitlichen Ansatz (sehen, hören, verstehen).
Die digitalen Tools, die für das Angebot verwendet werden, sind im Einzelnen:
- Word/Google Docs
- Padlet
- Zoom
Das zentrale Element des Projekts ist aber die intensive Begleitung, von der Anmeldung bis zur Nachbearbeitung. Da die Senior*innen sich in ganz verschiedenen Lebensumständen befinden und ganz unterschiedliches Vorwissen mitbringen, was die Computernutzung oder den Umgamg mit dem Smartphone betrifft, kann so auch vorab eine Selbsteinschätzung erfolgen, sodass die an dem Angebot Interessierten erkennen, ob das jeweils behandelte Thema für sie passt.
Thema und Inhalt
Folgende Themen wurden bereits im „Café Digital“ besprochen:
Streaming, Gigabytes & Co.
Was versteckt sich hinter diesen und anderen Begriffen? In unserer digitalen Welt schwirren viele neue Wörter und Bezeichnungen herum. Was bedeuten sie, was steckt dahinter? Gemeinsam wird dies aufgeklärt.
Mit dem Smartphone auf Reisen
Das Smartphone ist heute überall dabei. Es ist ein nützlicher Begleiter, auch auf Reisen. Wir beschäftigen uns mit der Navigation per Smartphone über Google Maps, mit dem Handy-Parken und digitalen Reiseführern.
Kommunikation mit WhatsApp
Viele nutzen WhatsApp, um mit Freunden und der Familie in Kontakt zu bleiben. Was kann WhatsApp? Worauf ist zu achten? Gibt es vielleicht Alternativen dazu?
Corona-Warn-App
Die Corona-Warn-App soll uns bei der Bekämpfung der Pandemie unterstützen. In diesem „Café Digital“ schauen wir, wie die App funktioniert und was das Besondere an ihr ist. Gibt es vielleicht Voraussetzungen, die für die Benutzung erfüllt werden müssen?
Mediathek – Fernsehen im Internet
Fernsehen mit dem Tablet, Smartphone oder Laptop. Im Internet gibt es die Mediatheken der TV-Sender. Sendung verpasst? Kein Problem! Wir schauen uns diese Mediatheken genauer an. Welche Voraussetzungen werden benötigt? Welche Angebote gibt es?
Podcast – Hördateien im Internet
Podcasts sind abonnierbare Mediendateien. Es ist sozusagen ein Hörangebot im Internet mit Audiodateien zu den unterschiedlichsten Themen (Reisen, Gesundheit, Sport, Politik etc.), das von verschiedenen Anbietern, wie z. B. Radiosendern, ins Netz gestellt wird. Wir schauen uns die Welt der Podcasts näher an und klären, welche Voraussetzungen dafür erfüllt werden müssen.
Zoom mit Freunden und Bekannten / Zu Zoom-Treffen selbst einladen
Wie kann ich selbst eine Zoom-Konferenz oder ein Zoom-Meeting bzw. -Treffen mit Bekannten oder der Familie starten? Wir schauen uns hier einmal die andere Seite, also die Gastgeber-Seite, genau an (Account anlegen, Einladung erstellen und versenden) und probieren diese Rolle aus.
QR-Codes – Was verbirgt sich hinter diesen kleinen Grafiken?
Auf Flyern, Rezepten, Plakaten oder auch bei einem Corona-Test – überall finden sich diese kleinen Quadrate. Doch was verbirgt sich hinter diesen Codes? Wir schauen, wie man die Codes mit dem Smartphone oder Tablet einscannen und auch erstellen kann und welche Tools man dafür benötigt.
Sicherheit im Netz
Öffne ich im Internet eine Seite, kommt sofort die Abfrage nach Cookies. Doch was sind das eigentlich für „Kekse“? Für einen neuen Account benötige ich ein Passwort. Wie sieht ein sicheres Passwort aus? Was ist dabei wichtig und sinnvoll? All das sehen wir uns im „Café Digital“ an.
Bezahlen im Internet – Wie funktioniert sicheres Online-Bezahlen?
Welche Bezahlarten gibt es? Welche Vor- und Nachteile bringt das Bezahlen im Internet mit sich? Wir schauen uns eine Auswahl an Bezahldiensten näher an. Und wie bezahlt man eigentlich an der Kasse mit dem Smartphone?
Covid19: Impftermine online reservieren - Wie geht das?
Wir zeigen wie das Online-Portal in Bayern funktioniert und was man dazu braucht.Digitale Teilhabe ist wichtig, gerade in dieser Krisensituation müssen wir darauf achten, das alle Teile der Gesellschaft mitgenommen werden.
Fake News:
In Ihrer häuslichen Umgebung, bei einer Tasse Kaffee wird über Fake News, also Falschmeldungen gesprochen. Welche Gefahr steckt in diesen Falschmeldungen? Wie kann man sie erkennen und was kann man dagegen tun?
Die große Welt der APPs In Ihrer häuslichen Umgebung, bei einer Tasse Kaffee wird über verschiedene Apps, also Anwendungen für Ihr digitales Gerät gesprochen. Welche Apps sind für den Alltag nützlich? Wie lade ich sie aus dem AppStore oder GooglePlay Store oder wie lösche ich sie wieder?
Smartwatches, die schlauen Armbanduhren In Ihrer häuslichen Umgebung, bei einer Tasse Kaffee wird über SmartWatches, also über kleine digitale Uhren (auch "Wearebles" genannt), gesprochen. Diese können so einiges: Zum Beispiel die Funktionalitäten Ihres Smartphones ergänzen und unter anderem auch gesundheitliche Unterstützung bieten. Sie werden Ihnen heute vorgestellt.
Zielgruppe
Die Zielgruppe des Angebots sind Senior*innen ab dem sechzigsten Lebensjahr und Menschen, die bisher (noch) keinen bzw. wenig Berührung mit digitalen Geräten und Internetnutzung hatten.
Innovation
Innovativ an dem Projekt ist, dass hier die Wissensvermittlung mit der persönlichen Begegnung und den gegenseitigen Autausch kombiniert wird, also das Miteinander von Online-Kurs und Offline-Austausch. Die Teilnehmer*innen haben die Gelegenheit, sich sowohl rezeptiv mit dem Thema zu beschäftigen als auch selbst aktiv die verschiedenen Möglichkeiten des digitalen Lernens auszuprobieren. Dazu soll neben den analogen und digitalen Terminen auch die oben angesprochene, von den Teilnehmer*innen selbst geführte Plattform bzw. App dienen, in der Wissenswertes, Tipps und Tricks ausgetauscht werden können.
Hinzu kommt die Idee, die verschiedenen Lebensformen der Teilnehmer*innen insofern zu respektieren, dass die stattgefundenen digitalen Stammtische im Nachgang auch heruntergeladen werden können, falls man an einem Termin nicht teilnehmen kann. Dies soll entweder über einen eigenen Videokanal oder über die Lernplattform der Erzdiözese München und Freising erfolgen.
Kooperationspartner
In dieser Form neu sind auch die Kooperationspartner des Projekts, denn es werden neben den Projektträgern auch Partner wie etwa die digitalseniorinnen.at oder Referent*innen des Digital-Kompasses sowie des Verbraucherschutzministeriums mit einbezogen.
Neben den schon genannten Institutionen konnten als Kooperationsparter in der Region gewonnen werden:
Nachhaltigkeit und Übertragbarkeit
Das Projekt ist auch gut auf andere Bildungswerke übertragbar, denn die Teilnahme ist von überall möglich und die Struktur des Angebots ist für eine Nutzung andernorts bestens geeignet.
Resümee
An den einzelnen Online-Terminen des „Café Digital“ nahmen bislang stets zwischen 5 und 8 Personen teil.
Da das Katholische Bildungswerk im Landkreis Erding schon seit Längerem Tablet- und Smartphonekurse anbietet, fiel es relativ leicht, Teilnehmer*innen für das „Café Digital“ zu gewinnen.Als eine konkrete Schwierigkeit während der Online-Treffen stellte sich heraus, dass zu viele Detailfragen auftraten und die Gefahr bestand, dass thematisch zu sehr vom vorgegebenen Inhalt abgewichen wird. Zudem zeigte es sich, dass die Teilnehmer*innen in der Tat sehr unterschiedliche Voraussetzungen hinsichtlich der technischen Ausstattung und des eigenen Vorwissens mitbrachten. In Anbetracht dessen bei der Vermittlung der Inhalte den richtigen Mittelweg zu finden, ist ein Balanceakt. Bei manchen Fragen zur Hard- und Software-Ausstattung und deren Bedienung kann online nicht reagiert werden. Oftmals liegen die Schwierigkeiten auch an der Internetverbindung oder weil das Gerät kein Mikro besitzt.
Für diejenigen unter den Teilnehmer*innen, die sehr stark an die Hand genommen werden müssen, hat sich die oben erwähnte Möglichkeit, jeweils eine Stunde vor dem offiziellen Beginn eines „Café Digital“ die Referentin telefonisch zu erreichen, als sehr hilfreich erwiesen. Gleichzeitig hat es sich auch bewährt, dass sich die Verantwortlichen des Katholischen Bildungswerks im Landkreis Erding und des Bildungswerks Rosenheim parallel um die Teilnehmer*innen kümmern, die es nicht schaffen, rechtzeitig bei der jeweiligen Veranstaltung online zu sein. Eine solche Co-Moderation macht bei diesem Format und bei diesem niederschwelligen Angebot in jedem Fall Sinn. Die Teilnehmer*innen zeigten sich stets sehr interessiert und motiviert und haben die Einschränkungen, die die Corona-Pandemie hinsichtlich der analogen Präsenzveranstaltungen mit sich bringt, gut gemeistert. Ganz allgemein konnten in der Praxis die folgenden Beobachtungen gemacht werden:
- Das Niveau der digitalen Medienbasiskompetenzen stellte sich als sehr unterschiedlich heraus (von absoluten Smartphone-Neulingen bis hin zu langjährigen Computernutzer*innen).
- Das Technikverständnis ist sehr unterschiedlich entwickelt.
- Die von den Teilnehmer*innen benutzen Systeme sind sehr unterschiedlich (Smartphone, Tablet, Laptop und zudem verschiedene Betriebssysteme (Windows, Android, iOS)).
- Der Anteil an Frauen war wesentlich höher als der von Männern.
Als extrem wichtig hat sich die persönliche und flexible Telefonberatung bei auftretenden Problemen mit der Hard- oder Software oder z. B. beim Verständnis von englischsprachigen Begriffen erwiesen. Diese Beratung wird von den Teilnehmer*innen dankbar angenommen und sie konnten durch die Erfahrung, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind, ermutigt werden, sich in der digitalen Welt mehr zuzutrauen.
Obwohl Zoom recht niedrige technischen Hürden beinhaltet, stellte es sich heraus, dass dieses Tool für einige Senior*innen dennoch eine sehr große Herausforderung sein kann, bei der sie unbedingt direkte Hilfe benötigen, damit sie mit ihm am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Ein sehr hilfreiches kollaboratives Arbeitstool bei der Planung des Projekts war Padlet. Damit konnten gemeinsam z. B. Themensammlungen oder Terminplanungen erstellt und weiterverarbeitet werden.
Kontakt
Katholisches Bildungswerk im Landkreis Erding e.V.
Carina Dollberger
Bildungswerk Rosenheim e.V.
Barbara Schwendenmann