Leitlinien Politische Bildung

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Leitlinien der KEB e.V.

Die KEB München und Freising e.V. verankerte 2013 den Bereich Politische Bildung in ihren Leitlinien Katholische Erwachsenenbildung in der Erzdiözese München und Freising. Im Folgenden finden Sie einen Auszug aus diesen Leitlinien, der sich mit dem Thema „Politische Bildung“ beschäftigt:

1. Ausgangspunkt: das christliche Menschenbild

Siehe unter „Standards Theologische Erwachsenenbildung“ (Seite 155f.) und vgl. den Beitrag Prof. P. Dr. Oster (Seite 135ff.).

2. Warum es zum christlichen Auftrag gehört, sich politisch zu bilden

Gesellschaftspolitische Fragen aufzugreifen und nach Antworten zu suchen, die dem Wohl des Menschen dienen, ist nicht ein Nebenschauplatz der kirchlichen Erwachsenenbildung, sondern gehört zu ihrem Kernbereich.

In ihrem gemeinsamen Wort „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“ haben sich die Kirchen ausdrücklich zu dieser Aufgabe bekannt: „Der Einsatz für Menschenwürde und Menschenrechte, für Gerechtigkeit und Solidarität ist für die Kirche konstitutiv und eine Verpflichtung, die ihr aus ihrem Glauben an Gottes Solidarität mit den Menschen und aus ihrer Sendung, Zeichen und Werkzeug der Einheit und des Friedens in der Welt zu sein, erwächst.“ (Sozialwort der Kirchen, 1997, Nr. 101)

Die Katholische Erwachsenenbildung trägt mit ihrer christlich orientierten politischen Bildung zur Erfüllung dieses Auftrages bei. Sie befähigt dazu, die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen, Institutionen und Strukturen unter dem Aspekt zu befragen, ob sie zu einer gerechteren Welt beitragen. Und sie regt Menschen dazu an, sich in Gesellschaft, Wirtschaft und Staat für gerechte Verhältnisse einzusetzen.

Im Leitbild für die Katholische Erwachsenenbildung in der Erzdiözese München und Freising ist dieser Auftrag mit folgenden Worten beschrieben: „Wir öffnen Wege für ein erfolgreiches kulturelles, soziales und politisches Engagement. Deshalb setzen wir uns ein

  • für eine solidarische und chancengerechte Gesellschaft,
  • für ein friedliches Miteinander,
  • für kulturelle Identität und Vielfalt.

Frauen und Männer ermutigen wir, das öffentliche, soziale und kulturelle Leben stärker zu reflektieren, mitzugestalten, mitzubestimmen und Verantwortung dafür zu übernehmen.“ (Unser Leitbild als Arbeitsgemeinschaft Katholische Erwachsenenbildung in der Erzdiözese München und Freising e.V., April 1999, S. 6)

3. Welche Werte und Prinzipien einer politischen Bildung in Trägerschaft der Katholischen Erwachsenenbildung zugrunde liegen

Jede politische Bildung geht – ob bewusst oder unbewusst – von bestimmten anthropologischen und ethischen Vorentscheidungen aus, die die Wahrnehmung und Bewertung gesellschaftlicher und politischer Herausforderungen prägen. Die Katholische Erwachsenenbildung stützt sich hier auf die Grundsätze und Prinzipien der christlichen Sozialethik.

Vorrangiges Kriterium für eine christlich orientierte politische Bildung ist das Verständnis des Menschen als Person. Das Personalitätsprinzip besagt, dass alles menschliche und gesellschaftliche Handeln die Würde des Menschen zu beachten hat. Gesellschaftliche Einrichtungen sind der menschlichen Person wegen da und nicht umgekehrt. Der Mensch, so die klassische Formulierung, muss „Träger, Schöpfer und das Ziel aller gesellschaftlichen Einrichtungen“ sein (Johannes XXIII., Mater et magistra, 1961, Nr. 219; vgl. auch Zweites Vatikanisches Konzil, Gaudium et spes, Nr. 25: „Wurzelgrund nämlich, Träger und Ziel aller gesellschaftlichen Institutionen ist und muss auch sein die menschliche Person, die ja von ihrem Wesen selbst her des gesellschaftlichen Lebens durchaus bedarf.“). Daraus folgt die Verpflichtung, die Fähigkeiten und Talente eines jeden und jeder bestmöglich zu fördern und die Rahmenbedingungen für ein selbstverantwortliches und geglücktes Leben zu schaffen. Alle Menschen müssen ihre materiellen und geistigen, individuellen und sozialen Bedürfnisse befriedigen können.

Eng verknüpft mit dem Personalitätsprinzip ist das Gemeinwohlprinzip. Die Forderung, das Gemeinwohl zu fördern, ergibt sich aus „der Würde, die jeder menschlichen Person zukommt“. Das heißt: Allen Menschen müssen „die – materiellen, kulturellen, moralischen, spirituellen – Güter zugänglich gemacht werden, die erforderlich sind, um ein wahrhaft menschliches Leben zu führen“ (Kompendium der Soziallehre der Kirche, 2004, Nr. 168; vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Gaudium et spes, Nr. 26). Sich am Gemeinwohl zu orientieren, fordert daher dazu auf, über das eigene Wohl und die eigenen Sonderinteressen hinauszublicken und das Wohl aller Menschen zu berücksichtigen (vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Gaudium et spes, Nr. 30). Das Gemeinwohl zu fördern ist eine zentrale Aufgabe des Staates (vgl. Kompendium der Soziallehre der Kirche, 2004, Nr. 168).

Aus dem Personalitäts- und dem Gemeinwohlprinzip ergeben sich für die Gestaltung von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat die Prinzipien Solidarität und Subsidiarität. Solidarität beschreibt die menschliche Verbundenheit und mitmenschliche Schicksalsgemeinschaft (Das Prinzip der Solidarität wird in der Regel vom lateinischen „solidum“ = „Boden, fester Grund“ hergeleitet). Christliche Solidarität kennt dabei keine nationalen, geografischen und ethnischen Grenzen. Sie orientiert sich an der biblischen Option für die Armen und misst „alles Handeln und Entscheiden in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft an der Frage [...], inwiefern es die Armen betrifft, ihnen nützt und sie zu eigenverantwortlichem Handeln befähigt“. Sie zielt darauf, „Ausgrenzungen zu überwinden und alle am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Sie hält an, die Perspektive der Menschen einzunehmen, die im Schatten des Wohlstands leben und weder sich selbst als gesellschaftliche Gruppe bemerkbar machen können noch eine Lobby haben. Sie lenkt den Blick auf die Empfindungen der Menschen, auf Kränkungen und Demütigungen von Benachteiligten, auf das Unzumutbare, das Menschenunwürdige, auf strukturelle Ungerechtigkeit. Sie verpflichtet die Wohlhabenden zum Teilen und zu wirkungsvollen Allianzen der Solidarität.“ (Sozialwort der Kirchen, 1997, Nr. 107)

Im Prinzip der Subsidiarität geht es um das Verhältnis zwischen Individuum, sozialen Gruppen und Staat. Gemäß dem Prinzip der Subsidiarität müssen die gesellschaftlichen Strukturen so gestaltet werden, dass die Einzelnen und die kleineren Gemeinschaften den Freiraum haben, sich eigenständig und eigenverantwortlich zu entfalten. Es gilt deshalb, die in der Gesellschaft vorhandenen menschlichen Fähigkeiten, Ideen, Initiativen und soziale Fantasie zum Tragen zu bringen und die Erneuerung der Sozialkultur zu fördern. Das Prinzip der Subsidiarität fordert aber auch, dass die Einzelnen wie die kleinen Gemeinschaften von der größeren sozialen Einheit die Hilfe erhalten, die sie zum eigenständigen Handeln befähigt. Es geht also um Hilfe zur Selbsthilfe. Gerade die Schwächeren brauchen diese. Solidarität und Subsidiarität gehören also zusammen (vgl. Sozialwort der Kirchen, 1997, Nr. 120f.).

Die Sozialprinzipien Personalität, Gemeinwohl, Solidarität und Subsidiarität beziehen sich auf die sozialen Bedingungen menschlichen Lebens. Mit dem Prinzip der Nachhaltigkeit („sustainable development“) wird der Blick auf die natürlichen Lebensgrundlagen geweitet. Damit verbunden ist, dass die menschliche Verantwortung für die Dimension der Zukunft geöffnet wird. Nachhaltigkeit misst menschliches und politisches Handeln daran, ob es die Bedürfnisse der heutigen Generation befriedigt, ohne die Lebensgrundlage zukünftiger Generationen zu gefährden (vgl. Sozialwort der Kirchen, 1997, Nr. 123).

Aus dem Prinzip der Nachhaltigkeit ergibt sich der Auftrag, „an einem Bewusstseinswandel zu arbeiten, der als durchgängiges Prinzip das nachhaltige Denken in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen einführt und die Verantwortlichen ebenso wie die Bürger/innen zum Dialog und zum Handeln unter diesem Ziel zusammenführt“ (Unser Leitbild als Arbeitsgemeinschaft Katholische Erwachsenenbildung in der Erzdiözese München und Freising e.V., April 1999, S. 5).

4. Warum eine christlich orientierte politische Bildungsarbeit für die Gesellschaft unverzichtbar ist

Durch ihre spezifische Wert- und Normenbegründung hat die Katholische Erwachsenenbildung ein eigenständiges Profil im pluralen Feld der politischen Bildung. Sie ist unverzichtbar, weil

  • sie zur Orientierung in einer sich rasch wandelnden Gesellschaft beiträgt;
  • sie zur Bildung eines persönlichen Urteils- und Handlungsvermögens beiträgt, das sich an christlichen Werten, wie Menschenwürde, soziale Verantwortung, Achtung der Natur und Akzeptanz der eigenen Grenzen, orientiert;
  • sie Orte des Dialogs schafft, in denen kritisches Nachdenken über gesellschaftliche und politische Fragen möglich ist;
  • sie aus christlicher Perspektive „heiße“ politische und gesellschaftliche Themen aufgreift und dazu beiträgt, den Blickwinkel zu weiten und neue Horizonte zu eröffnen (Katholische Erwachsenenbildung ist auch Bewusstseinsbildung);
  • sie zur christlichen Weltverantwortung, zur Solidarität mit den Schwachen, Benachteiligten, Armen und Ausgegrenzten unserer Zeit motiviert.

5. Der Dreischritt „Sehen – Urteilen – Handeln“: ein methodischer Leitfaden für die politische Bildungsarbeit

Viele katholische Verbände und ihre Bildungswerke setzen den gesellschaftspolitischen Auftrag mit dem methodischen Dreischritt „Sehen – Urteilen – Handeln“ um. Auch das Sozialwort der beiden großen Kirchen in Deutschland aus dem Jahr 1997, „Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit“, hat auf diesen Dreischritt zurückgegriffen.

Eine gemeinwesen- und projektorientierte Bildungsarbeit macht auf den Zusammenhang von „Sehen – Urteilen – Handeln“ aufmerksam und strukturiert so ihre Arbeit. Diesem Prinzip entspricht es auch, wenn das Leitbild der Katholischen Erwachsenenbildung in der Erzdiözese München und Freising davon spricht, dass im Rahmen der politischen Bildungsarbeit „in kirchlichen und politischen Gemeinden beispielhafte, zukunftsfähige Projekte initiiert werden“. Es sollen „Impulse für ein kreatives und phantasievolles Engagement“ gegeben werden (Unser Leitbild als Arbeitsgemeinschaft Katholische Erwachsenenbildung in der Erzdiözese München und Freising e.V., April 1999, S. 6).

6. Inhalte gesellschaftspolitischer Bildung

Im 21. Jahrhundert stehen die Menschen national wie international vor grundlegenden politischen, sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Herausforderungen, die existenziell in ihr eigenes Leben und das Leben zukünftiger Generationen eingreifen. Die gesellschaftspolitische Bildung vermittelt Kompetenzen, die Menschen in die Lage versetzen, die Herausforderungen in Gesellschaft, Wirtschaft, Staat und internationalen Beziehungen zu verstehen und zu bewerten, gesellschaftliche Prozesse zu gestalten und in solidarischer Kooperation mit anderen zu einer befriedigenden Lebensorientierung zu kommen. Deshalb werden Teilnehmer/innen in der politischen Bildung

  • Kenntnisse über Gesellschaft, Wirtschaft und Staat, europäische und weltweite Politik in Theorie und Praxis erwerben, einschließlich der politisch und gesellschaftlich bedeutsamen Entwicklungen in Kultur, Technik und Wissenschaft;
  • Handlungskompetenzen erwerben und Aktionsfelder entdecken, die zur wirkungsvollen Teilnahme an gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Gestaltungsprozessen und zur Fortentwicklung des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates, der europäischen Einigung und der Ausgestaltung der internationalen Beziehungen notwendig sind;
  • in Diskurs mit anderen Teilnehmenden und Fachleuten über gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Fragen treten, eigene Positionen finden und ihre Meinung äußern, zuhören und andere Meinungen tolerieren, Konflikte austragen und Lösungen suchen;
  • Wert- und Sinnfragen aufdecken und reflektieren, die hinter gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, staatlichen und internationalen Organisationen und Institutionen, hinter Macht- und Interessenspositionen und hinter gesellschaftlichen Theorien stehen, und zu einer eigenständigen Urteilsbildung im Diskurs gelangen;
  • zur Wahrnehmung eigener Rechte und Interessen ebenso wie der Pflichten und Verantwortlichkeiten gegenüber Mitmenschen, Gesellschaft und Umwelt befähigt;
  • zur Mitwirkung in Gesellschaft, Staat und internationalen Beziehungen motiviert und angeleitet.

Konkret sollen sechs Kompetenzen herausgebildet werden:

Gerechtigkeitskompetenz

In einer Gesellschaft, in der sich gemeinsam geteilte Wertbezüge stetig verringern, sind Menschen mit dem Verlust individueller wie gesellschaftlicher Rechte konfrontiert. Um diese „Enteignung“ sichtbar und begreifbar zu machen und das Rechtsbewusstsein der Menschen zu stärken, soll erlernt werden, Recht und Unrecht, Gleichheit und Ungleichheit wahrzunehmen sowie die jeweils dahinterstehenden Interessen. Die Themenfelder sind:

  • Ethik und Werte, Moral
  • Entwicklungspolitik, Ungleichheit der Ressourcenverteilung (Einkommen, Vermögen, Bildung, Teilhabe und Perspektiven)
  • Gesellschaftliche Solidarität, Kinderarmut
  • Frieden und Sicherheit
  • Gewalt, Terrorismus, Extremismus

Identitätskompetenz

Es geht darum, grundlegende Veränderungen der Gesellschaft, welche teilweise die Auflösung traditioneller Strukturen in Gesellschaft, Familie und Arbeitswelt zur Folge haben, zu erkennen, zu verstehen und sich selbst darin zu behaupten. Der Zwang, sich auf immer neuen Wandel einzulassen, erfordert in erhöhtem Maß die Fähigkeit, sich mit bedrohter oder gebrochener Identität aufgeklärt auseinanderzusetzen. Die Entwicklung individueller wie gesellschaftlicher Wertmaßstäbe ist Voraussetzung der Orientierung. Themenfelder sind:

  • Spannungsverhältnis zwischen öffentlicher Verantwortung und individueller Gestaltungs- und Verantwortungsübernahme
  • Sozialpolitik, Familienpolitik, Gleichstellungspolitik, Gesundheitspolitik
  • Migration, Integration
  • Demografische Entwicklung
  • Wissen über Religionen als Grundlage für Multikulturalität
  • Pluralisierung und Liberalisierung
  • Medien und Kommunikation, virtuelle Gesellschaft
  • Bildungspolitik

Ökologische Kompetenz – Bewahrung der Schöpfung

Die Naturgrundlagen der menschlichen Existenz und der übrigen Lebewesen sollen erkannt, gepflegt und erhalten werden. Themenfelder sind:

  • Bewahrung der Schöpfung
  • Umwelt und Ökologie
  • Spannungsverhältnis zwischen Ökologie und Ökonomie
  • Agrarpolitik und ländliche Entwicklung
  • Klimawandel

Gender-Kompetenz

Neben Armut, Hunger, Bildung, politischen und religiösen Überzeugungen ist die Zugehörigkeit zu einem biologischen Geschlecht weltweit Ursache für Ungleichheit und Unterdrückung. Das widerspricht den Menschenrechten.

Gender (engl. „soziales Geschlecht“) bezeichnet die gesellschaftlich, sozial und kulturell geprägten Geschlechterrollen von Frauen und Männern. Diese sind, anders als das biologische Geschlecht (engl. „sex“), erlernt und damit auch veränderbar.

Um die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen, werden Gender-Mainstreaming und Frauen-/Männerpolitik eingesetzt. Gender-Mainstreaming ist die Strategie, um geschlechtsspezifische Ausgangspositionen und Folgen einer Maßnahme zu bestimmen. Die Beachtung der Geschlechterperspektive wird zu einem wesentlichen Entscheidungskriterium für die Geeignetheit und Qualität von Maßnahmen. Themenfelder sind:

  • Geschlechterrollen, Zuschreibungen, Auswirkungen
  • Gender-Mainstreaming, Strategie und Praxis
  • Gender und Arbeit
  • Gender und Teilhabe am kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Leben

Ökonomische Kompetenz

Die Fähigkeit ist zu erwerben, ökonomische Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Entwicklungen zu erkennen, zu erklären und zu verändern. Ziel ist die Bewusstmachung des Zusammenhangs zwischen subjektiven Bedürfnissen und Interessen und den objektiven Bedingungen, diese zu befriedigen, also der Ökonomie. Damit werden ökonomische Kategorien auf ihren kulturellen Kontext rückbezogen und erweitert. Es kann auch um die Fähigkeit gehen, die gesellschaftlichen Folgen technologischer Entwicklungen abschätzen zu können. Themenfelder sind:

  • Arbeit und Wirtschaft
  • Wirtschaftstheorien
  • Wirtschaftliche Globalisierung
  • Wissenschaft und Technik

Historische und utopische Kompetenz

Die Erinnerungsfähigkeit der Menschen und einer Gesellschaft bestimmt auch ihre Zukunft. Diese Kompetenz schließt die Entwicklung von „Utopiefähigkeit“ mit ein, die es den Menschen ermöglichen soll, in Alternativen zu denken, Fantasie zu entwickeln, Zukunftsentwürfe zu machen und gesellschaftliche Veränderungen anzustreben. Themenfelder sind:

  • Europa, christlich-abendländische Geschichte
  • Internationale Politik
  • Nationalsozialismus
  • Gedenkstättenarbeit
  • Politische Theorie und Philosophie
  • Rechtsstaat, politisches System

7. Qualitätskriterien für Bildungsangebote zu politischen, sozialen und historischen Themen

  • Gemäß unserem Menschenbild und dem daraus resultierenden Verständnis von politischer Bildung wendet diese sich an den Verstand, das Gefühl und die Fähigkeit des Menschen zum praktischen Handeln in seiner Umwelt. Ihre Fundamente sind die Gewissensfreiheit des Einzelnen, die Achtung eigenverantwortlichen Handelns und die Pflicht, eigenes Tun an der Verantwortung für die Gesellschaft zu orientieren.
  • „Über die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten hinaus werden Werthaltungen authentisch vertreten und begründet. Die Teilnehmenden werden als Personen angenommen, in ihrer Wertorientierung herausgefordert und in ihrem Lebensvollzug respektiert.“ (Arbeitsgemeinschaft katholisch-sozialer Bildungswerke in der Bundesrepublik Deutschland, Konvention über katholisch sozial orientierte Jugend- und Erwachsenenbildung in der AKSB, Bonn 1999, S. 10). In diesem Sinne zielt Erwachsenenbildung darauf ab, die politische Urteilsfähigkeit des Menschen zu stärken, politische Handlungsoptionen zu entwickeln und somit Handlungsfähigkeit zu fördern sowie die methodischen Fähigkeiten zu erweitern.
  • Die Referent/innen kirchlicher Bildungsarbeit zu politischen Themen müssen umfassende pädagogische und fachspezifische Fähigkeiten und Erfahrungen vorweisen. Sie teilen die Grundüberzeugungen der KEB zum Wesen und Sinn christlich motivierter politischer Bildung und sind in der Lage, diese zu erklären.
  • Die Inhalte der politischen Bildungsarbeit orientieren sich an den jeweiligen spezifischen Bedingungen vor Ort: Sie berücksichtigen die vorherrschenden sozialen Milieus, greifen aktuelle lokale Diskussionen, Probleme und Konflikte auf und beziehen die spezifische Geschichte des Ortes und seiner Menschen, ihrer Traditionen und historischen Prägungen ein.
  • Die Verwurzelung der Bildungsarbeit in der Kirche verleiht ihren Angeboten ein klares Profil. Jenseits von Tendenzen zur Indifferenz positioniert sie sich als Forum, auf dem Referent/innen und Teilnehmer/innen unter privilegierten Bedingungen über politische und historische Fragen sprechen und streiten. Die Privilegien bestehen darin, dass dieser Diskurs wertorientiert und politisch unabhängig ist, durch keine wirtschaftlichen Interessen geleitet wird und die individuelle Eigenständigkeit aller Beteiligten wünscht und fördert.
  • Die Qualität unserer Bildungsangebote prüfen und sichern wir durch unterschiedliche Formen der Evaluation. Besonders wichtig ist dabei, in welchem Maße die Erwartungen und Ansprüche der Teilnehmer/innen befriedigt werden können.

8. Referentinnen und Referenten

Die Qualität der Angebote der politischen Bildungsarbeit beruht auf den Fähigkeiten und der Motivation der Referent/innen. Deshalb fördert die Einrichtung die Kompetenzen der Referent/innen, stärkt sie in ihrem Engagement und bietet ihnen die Möglichkeit zur regelmäßigen Fort- und Weiterbildung.

Für die Referent/innen der politischen Bildungsarbeit gelten die Qualitätsanforderungen der jeweiligen Bildungsinstitutionen, wie sie in den Referentenleitfäden und den Handbüchern, die zur Zertifizierung der Einrichtungen erarbeitet wurden, dokumentiert sind. Sie kennen und akzeptieren das Selbstverständnis des Bildungsträgers und richten ihre Arbeit an dessen Qualitätsanforderungen aus. Fachliche Exzellenz, pädagogische Erfahrung und die Ausrichtung an den Bedürfnissen der Teilnehmenden bilden das Fundament ihrer Arbeit. Darüber hinaus bemühen sie sich im Sinne der Forderung, „Betroffene zu Beteiligten“ der Bildungsarbeit zu machen, Menschen zu gewinnen, die als „Experten des Alltags“ persönliche Erfahrungen aus ihrer Lebens- und Arbeitswelt einbringen.

9. Zielgruppen

Die politische Bildungsarbeit der KEB richtet sich an alle gesellschaftlichen Gruppen, unabhängig von ihrer religiösen und politischen Heimat. Jede erwachsene Frau und jeder erwachsene Mann, ggf. aber auch Jugendliche, sollen angesprochen werden. Dieser generations-, gender- und milieuübergreifende Anspruch macht es notwenig, die Angebote der kirchlichen politischen Bildung an spezifischen Zielgruppen auszurichten:

  • Multiplikator/innen
  • Menschen, die sich politisch bilden wollen
  • Menschen, die sich sozial engagieren und Gesellschaft verändern möchten
  • Menschen, die Diskussionspartner und Gleichgesinnte treffen wollen
  • Inhaber politischer Ämter und Mandate
  • Menschen, die nach Abschluss von Elternphase und Berufstätigkeit neue Betätigungen suchen
  • Studierende und junge Erwachsene
  • Menschen mit Migrationshintergrund

10. Methoden und Formen

Da das Spektrum der Zielgruppen unserer Bildungsangebote sehr breit ist, ist es unverzichtbar, mit vielfältigen Methoden zu arbeiten. So hat sich ein Kanon von Methoden etabliert, der jedoch immer wieder erweitert und verändert wird und werden soll: Experimentierfreudigkeit wird dabei explizit gewünscht. Zentrale Methoden und Formen der politischen Bildungsarbeit sind:

  • Diskussionsformen, wie Podiums- und Gruppengespräche
  • Vorträge und Vorlesungen
  • Geschichtswerkstätten
  • Rollenspiele
  • Projektmethoden
  • Exkursionen
  • Thematische Führungen
  • Mischformen, wie Seminare mit Präsentation und Diskussion
  • Tages- und Wochenendseminare
  • Quellen-, Medien- und Filmanalyse
  • Ausstellungen und Begleitprogramme

11. Orte und Partner

Politische Bildungsarbeit kann überall stattfinden, wo Angebote auf Interessenten treffen. So findet sie an „naheliegenden“ Orten, wie Pfarrheimen, Bildungshäusern und sonstigen kirchlichen Einrichtungen, aber auch an anderen öffentlichen, also politischen Orten statt. Dies können Museen, Gedenkstätten, Dokumentationszentren, Orte, die einen direkten Bezug zum Thema der Bildungsveranstaltung haben, aber auch Gemeindehäuser oder Straßen und Plätze sein, an denen Menschen zusammenkommen.

Kooperationspartner kann jeder sein, der Bildungsarbeit leistet und uns als wertorientierten und eigenständigen Träger politischer Bildung akzeptiert und an gleichberechtigter Zusammenarbeit interessiert ist. Dies umfasst alle kirchlichen Einrichtungen und Verbände, Institutionen der katholischen Bildungs-, Medien- und Kulturarbeit, theologische Hochschulen, Fakultäten und Archive.

Da eine politische Bildungsarbeit auf Grundlage christlicher Werte ohne die Bejahung von Pluralität und Freiheit keine Grundlage haben kann, sind neben den kircheneigenen Institutionen eine Vielzahl anderer Einrichtungen willkommene Kooperationspartner. Dies umfasst die Einrichtungen der anderen christlichen Konfessionen, anderer Religionen, wie beispielsweise des Judentums und des Islam, aber auch Bildungs- und Kulturinstitutionen von Gewerkschaften, Vereinen, Gemeinden, Bürgerinitiativen und Nicht-Regierungs-Organisationen und internationalen Partnern.